Ernüchterung: Vor 2030 wird’s nichts

Am 14. Juni 2021 hat das Regierungspräsidium eine  Bürger-Informationsveranstaltung zum Weiterbau der B 10 veranstaltet – wegen Corona jedoch nur virtuell. Was dort gesagt wurde, dürfte zu einer gewissen Ernüchterung geführt haben. Zumindest habe ich als Pressereferent der Bürgeraktion B 10-neu dies so empfunden. Allerdings muss ich einräumen, dass man im Zusammenhang mit der B 10 ohnehin Verzögerungen und vorzeitigen Optimismus gewohnt ist. Hatte es nicht im September 2019 geheißen, das Bundesverkehrsministerium werde noch „in diesem Jahr“ (also 2019) den sogenannten „Gesehensvermerk“ an die Pläne anbringen – als wichtige Voraussetzung für das Planfeststellungsverfahren?

Schon hatte man geglaubt, noch in der ersten Hälfte der jetzigen 20er Jahre käme endlich Schwung in die Angelegenheit. Doch weit gefehlt. Das Vorhaben, das seit mehr als 50 Jahren geplant wird, lässt weiterhin keine konkreten Fertigstellungstermine erwarten. 

Während der Bürger-Infoveranstaltung  wollte sich Tanja Audehm, Sachgebietsleiterin beim Regierungspräsidium Stuttgart, nicht festlegen.  Vor 2030, so war ihrer eher vorsichtigen Antwort zu entnehmen, werde es wohl nichts: „Aber 2030 könnte sein, durchaus.“ Bis 2024 werde das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen sein, meinte sie. Dann liege das Baurecht für die gesamte Strecke von Gingen-Ost (jetziges Ausbau-Ende) bis ins Rohrachtal vor. Demnach, so muss gemutmaßt werden,  wäre dies wohl der frühestmögliche Zeitpunkt für den ersten Spatenstich –  falls „nichts Unerwartetes“ auftauche, betont die Planerin.  

Ob die Forderung unserer Bürgeraktion, die beiden noch ausstehenden Abschnitte (Gingen bis zu den Geislinger Y-Häusern sowie von dort durch den Schildwacht-Tunnel bis ins Rohrachtal) in einem Zuge zu bauen, berücksichtigt wird, steht allerdings noch in den Sternen. Zwar wird es nach Angaben der  Sachgebietsleiterin für beide Abschnitte einen gemeinsamen Entwurf und ein gemeinsames  Planfeststellungverfahren geben – doch bei der Priorisierung im Bundesverkehrswegeplan  wird unterschieden: Bis zu den Y-Häusern (Verknüpfung mit B 466) gilt der „Vordringliche Bedarf“,  während der Tunnel ins Rohrachtal nur in die  Kategorie „weiterer Bedarf“ eingestuft ist. 

Die Kosten der beiden Abschnitte sind sehr unterschiedlich. Insgesamt verschlingt die Gesamtstrecke 266 Millionen Euro, wobei jedoch allein auf den 2,1 Kilometer langen Tunnel 174 Millionen entfallen. 

Während wir als Bürgeraktion seit Jahr und Tag zu bedenken geben, dass ein Ausbau-Ende vor dem künftigen Tunnel für Geislingen katastrophale Verkehrsverhältnisse nach sich ziehen würde, will dies Lena Vogt, Projektleiterin der Straßenplanung, so nicht gelten lassen. Zum einen hänge es sehr von der Haushaltslage ab, ob gleich weitergebaut werde, und zum anderen lasse auch ein Ausbau nur bis zur Verknüpfung mit der B 466  eine sehr hohe Entlastungswirkung für die Gemeinden erwarten. 

Dass  seit der letzten Bürger-Veranstaltung nahezu drei Jahre vergangen sind, wurde nun mit größeren Planungsänderungen begründet.  So seien die Anschlussstellen zwischen Kuchen und Geislingen  sowie die Verknüpfung mit der B 466  nun deutlich kleiner und flächenschonender ausgefallen. Allerdings gebe es keine kreuzungsfreien Anschlüsse, sondern ampelgeregelte Aus- und  Auffahrten. 

Der Lärmschutz entspreche den gesetzlichen Vorschriften – auch natürlich bei den Häusern an der Gassenäckerstraße in Geislingen, an denen die Trasse relativ nah vorbeiführe. 

Angesprochen wurde auch das Vogelschutzgebiet „Mittlere und Östliche Schwäbische Alb“, in dem das Filstal teilweise liegt – und  somit auch die geplante Trasse,  weshalb noch eine Ausnahmegenehmigung der EU erforderlich ist. Zwei alte Bergwerkstollen zwischen Kuchen und Geislingen  sollen mit einer Stahlbetonpatte gesichert werden, um eine dort angesiedelte Fledermauspopulation zu schützen. 

Außerdem ist zwischen Gingen und Kuchen eine 50 Meter breite Grünbrücke geplant, die einen Wildkorridor aufnehmen soll  – beispielsweise für Luchs, Wildkatze und Haselmaus.

Nun soll im Herbsr 2021 die nächste Bürger-Information stattfinden.